Es ist früh am Morgen und dichter Nebel rollt sich schwerfällig über Wiesen und Felder. Er verschluckt alle Klänge. Bedeckt sie mit einem Mantel der Stille. Ich nehme nur meine eigenen Schritte wahr. Einen nach dem anderen. Das Laub unter meinen Füßen. Es ist klamm! Kalt! Mir ist kalt! Mein geschundener Körper schleppt sich, gebeugt in die Nähe des Waldes. Ich treibe mich zur Eile an. Das dünne Hemd, welches meinen ausgehungerten, schwachen Körper einhüllt, bietet nur wenig Schutz, vor dem frostigen Herbstwind.
Es ist gezeichnet von den Spuren der Gewalt. Die Flecken aus Blut, Urin und Schweiß, erzählen ihre eigene Geschichte. Eine schier niemals endende Gänsehaut, überzieht meinen ganzen Körper. In meinen Ohren dröhnen die kalten, tödlichen Worte meiner Peiniger. Wie sie mir drohen, mich verhöhnen! Mir keinen Funken Hoffnung, auf Erlösung lassen. Wie sie mich zu Boden werfen, nach dem sie mich geschlagen, getreten und mit Messern, meine Haut, an unzähligen Stellen verletzt haben. Mich ein ums andere Mal schändeten.
Der Metallische Dunst meines Blutes, erfüllt meine Sinne. Sie haben mich weggeworfen! Wie ein Stück benutztes Papier. Zerknüllt! Zerrissen! Erlösung. Diesen Zustand, habe ich mir während meines Martyriums oft herbei gesehnt. Ich wollte, dass sie aufhören! Von mir ablassen! Ich wollte sterben! Ich habe mir gewünscht, dass sie einfach eine Waffe an meine Schläfe halten und abdrücken. Tausend Mal habe ich mich nach dem erlösende Klicken des Abzugs verzehrt. Mir vorgestellt wie „diese eine Kugel“, in Sekundenbruchteilen alles auslöscht. Jede Erinnerung. Jede Hoffnung. Jeden Schmerz.
Doch dann, nach dem sie durch reichlich Alkohol betäubt eingeschlafen waren, bot sich meine erste, einzige Chance. Vorsichtig kletterte ich über einen der stinkenden Leiber. Nur knapp verfehle ich dabei einen Stuhl. Er wackelte gefährlich, aber ich konnte gerade noch verhindern, dass er zu Boden knallte. Mit angehaltenem Atem verharrte ich in meiner Position. Langsam und zähflüssig rann ein Saft aus Samen und Blut an meinen Schenkeln herab. Der erneut aufkommende Geruch vermischte sich mit dem Dunst aus Alkohol und Schweiß und ließ meinen Magen rebellieren. Angewidert kämpfte ich gegen den Würge reiz an, der meine Speiseröhre herauf kroch. Ich zwang mich zu schlucken. Die aufsteigende Galle zurück zu drängen. Der säuerlich, bittere Geschmack auf meiner Zunge ekelt mich, aber ich halte ihn aus. Als sich einer der beiden Männer auf die Seite rollte und so den Weg zum Ausgang frei machte, reagierte ich sofort und schlüpfte aus der Tür ins Freie. Der frische Atem des Oktobers empfing mich mit offenen Armen und ich lief los. Schritt für Schritt. Immer weiter. Weg von der Hütte, hinein in den feuchten Nebel. Weg von dem Ort, der einmal mein zu Hause war. Es nie wieder sein konnte!
Meine nackten Füße schmerzen auf der unebenen, rauen Erde. Bei jedem Schritt zittern meine Beine und ich habe Angst, dass sie mir den Dienst versagen. Meine ausgetrockneten Lippen brennen. Immer wieder lecke über die spröden Stellen. Hoffe auf Linderung. Doch plötzlich höre ich ein Geräusch. Ängstlich zucke ich zusammen. Stürze mich auf die Knie. Hülle mich in einen Schleier aus Nebel. Mit angehaltenem Atem, lausche ich angestrengt. Bilder des Entsetzens schleichen sich in meinen Kopf. Quälen mein Bewusstsein. Sie dürfen mich auf keinen Fall finden. Lieber heiße ich den Tod offen willkommen, als noch einmal dort eingesperrt zu sein. Mein Herz klopft einen wilden Takt. Ich halte meine zitternden Hände vor meinen Mund. Verberge den Hauch meines Atems in der kalten Herbstluft. Panisch suchen meine Augen die Umgebung ab. Mein Puls dröhnt in meinem Kopf und macht es schwer, mich zu konzentrieren. Ich kann nicht denken! Nicht atmen! Nichts hören!
Verzweifelt versuche ich durch die das wattige Gefühl in meinen Ohren, jedes Geräusch zu erfassen. Aber es bleibt still. Ich schleppe mich in das Unterholz der Waldgrenze. Ziehe meinen Körper an den herabhängenden Ästen eines Baums wieder auf die Füße. Meine Hände hinterlassen blutige Abdrücke auf der rissigen Rinde. Sie werden meine Spuren finden. Mich jagen. Wie ein Stück Vieh, werden sie mich treiben. Aufgeschreckt von der Erkenntnis wanke ich zurück. Eine Strähne meines Haares verfängt sich in einem Brombeerstrauch. Ungestüm entreiße ich sie aus seiner Gewalt und stürze los.
Stolpere über das Laub. Einen Meter um den anderen. Bis meine Schritte schwerer werden. Ich weiß, dass ich keine Chance habe. Ich taumle weiter, finde kaum noch Halt. Habe keine Kraft mehr! Ich falle! Der weiche Waldboden fängt meinen Sturz ab. Rücklinks versuche ich mich, in den Schutz der nahen Büsche zu schieben, doch meine Gliedmaßen gehorchen mir nicht. Meine Fingernägel krallen sich in die dunkle, fruchtbare Erde. Vergebens! Sie finden keinen Ast, keine Wurzel und keinen Stein, der als Anker dienen könnte. Hilflos versuche ich, das Stückchen Stoff das meinen Leib noch bedeckt, über meine glitschig, nassen Beine zu ziehen. Ich zucke vor Schmerz zurück, als ich den langen Schnitt an meinem Oberschenkel berühre. Geschwächt sinkt mein Arm zur Seite.
Mein Blick ist starr in den Himmel gerichtet. Ich sehe nur die Kronen der Bäume. Studiere die verschieden Farben der bunt gefärbten Blätter. Sie wiedersetzten sich vehement, dem bevorstehenden Wandel. Doch sie zögern das Unvermeidliche nur heraus! Sie müssen ihr Leben lassen ob sie wollen oder nicht.
Zögere ich auch nur das Unvermeidliche heraus? Muss ich trotzdem sterben? War all meine Mühe vergebens? Ich lausche meinem schwächer werdenden Herzen. Ein leiser, regelmäßiger Trommelschlag, der immer weiter in die Ferne rückt. In seinem Rhythmus langsamer wird, bis ich ihn kaum mehr wahrnehmen kann.
Taubheit schleicht sich in meinen Körper. Ich fühle nichts mehr! Keine Kälte! Keinen Schmerz! Bin ich etwa nur geboren, um hier und jetzt mein Leben zu lassen und neuem Platz zu machen? So wie jedes Blatt, das im Herbst sterben muss, um Platz für die Knospen des Frühlings zu schaffen?
Meine Augenlieder flackern. Ich kann sie nicht mehr aufhalten. Plötzlich werde ich hoch gehoben. Mit dem letzten Funken Lebenswillen, versuche ich mich zu wehren. Winde mich hin und her. Ein kaum hörbares Wimmern entringt sich meiner Kehle.
„Bitte! Bitte nicht!“, fehle ich.
Unerwartet, höre ich eine weiche Männerstimme die mir leise Worte ins Ohr flüstert. Doch sie klingen dumpf in meinen Kopf. Ich kann sie nicht verstehen. So sehr ich mich auch gegen die drohende Bewusstlosigkeit zur Wehr setzte, zieht sie mich unablässig tiefer in die Dunkelheit, bis sie mich endgültig verschlingt. Verzweifelt lasse ich los und schwebe davon.
Ich bin jetzt 37,5 Jahre alt und Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit vom Blitz erschlagen zu werden, höher, als einen netten, fürsorglichen, gutaussehenden Mann zu finden. Sie existieren einfach nicht! Seht sie euch genau an. Es ist wirklich erschreckend was sich heut zu Tage noch als Mann bezeichnet. Nehmen wir mal an, dass die gesamte Männlich Bevölkerung hundert Prozent dar stellen.
Fünfunddreißig Prozent von ihnen, akzeptieren und respektieren nur ihre eigene Mutter. Sie wählen ihre Partnerin so aus, dass sie dem Ideal ihrer Mutter am nächsten kommen. Sie suchen nach einer Gefährtin, die selbstlos alles für ihn tut und keine Gegenleistung erwartet oder Ansprüche stellt.
Fünfundzwanzig Prozent, sind entweder schwul oder unfähig eine Bindung zu einem anders Geschlechtlichen Wesen aufzubauen. Sie umgeben sich mit ihnen, weil sie, wie ein tolles Auto eine Art Schmuckstück darstellen und leicht durch etwas neues zu ersetzten sind.
Zwanzig Prozent, sind vergeben und bei fünfzehn Prozent handelt es sich um Ausschuss Ware. Geschiedene. Verlassene oder Betrogene. Sie suchen keine Frau, sondern eine Psychotherapeutin, die sie aus dem Tief ihres Lebens herausholt.
Und die restlichen fünf Prozent der männlichen Weltbevölkerung, wären die, die eventuell zu mir passen könnten. Nicht gerade viel, was?
Meine Eltern werfen mir vor das ich zu wählerisch bin. Bin ich das?
„Sowas den perfekten Mann gibt es nicht! Man muss nur die Person finden, mit dessen Fehlern man am besten leben kann. Du musst lernen, dass nicht andauernd alles nach deinem Kopf geht. Kompromisse sind das „A“ und „O“ einer jeden guten Beziehung. Sieh mich und deine Mutter an. Wir sind auch nicht perfekt und trotzdem sind wir schon so lange zusammen.“, sagt mein Vater immer, während meine Mutter hinter ihm, ihre Augen zur Decke rollt.
Aber was meint er damit? Soll ich einfach irgendjemanden nehmen? Den erst Besten? Was ist wenn ich das nicht will? Es ist ja auch nicht so, als hätte ich noch nie einen Mann oder eine Beziehung gehabt. Sonst hätte ich ja auch meine beiden Kinder nicht. Doch wenn man es ganz genau betrachtet, war in meinen Beziehungen immer nur ich „die“, die alles gemacht hat. „Die“, die immer für alle da war. Sich um die Kinder und sogar die Kinder meines Partners gekümmert hat. Aber was hat es mir gebracht? Nichts! Ich sitze wieder alleine da. Es gibt keinen der mir etwas abnimmt. Mich umsorgt. So langsam beginne ich darüber nachzudenken, ob mein Vater Recht hat. Vielleicht gibt es niemanden der genau zu mir passt. Dabei erwarte ich doch nicht viel. Jeden Falls nicht mehr.
Früher habe ich von einem Brad Pitt geträumt. Von einem gut aussehendem, großen Mann, der kein Gramm Fett am Leibe trägt und nach dem sich jede Frau verzehrt, der aber nur Augen für mich allein hat. Der Geld zu abwinken besitzt und mir ein Leben in Saus und Braus bieten kann.
Heute will ich einfach nur, dass er einen Job hat. Das er gut mit meinen Kindern kann und sich von meinen Launen nicht in die Flucht schlagen lässt. Kein verweichlichtes Muttersöhnchen, was bei den kleinsten Unstimmigkeiten, zu Mama nach Hause läuft, um sich auszuheulen.
Ist das schon zu viel?
In meiner Verzweiflung habe ich schon darüber nachgedacht ob ich mich vielleicht anders Geschlechtlich orientieren soll. Aber das, liegt leider nicht in meiner Natur. Also wird mir nichts anderes übrig bleiben, als weiter nach ihm zu suchen.